Mittwoch, 19. Januar 2011

Endlich

Endlich kann ich Arenas' Roman lesen. Aber statt das Buch zu kaufen, habe ich es mir aus der Bücherhalle entliehen. Dort stehen noch zwei weitere Romane von Arenas. Die ersten fünfzig Seiten habe ich im Café Spund gelesen. Ein paar Mal musste ich herzlich lachen und wahrscheinlich wurde ich auch ein paar Mal rot vor Scham. Reinaldo beschreibt seine ersten kindlichen sexuellen Erfahrungen mit der Tier- und Pflanzenwelt ebenso offen, wie er den heftigen tropischen Regen beschreibt. Ich bin wirklich nicht prüde, aber manchmal hat es mir doch den Atem verschlagen. Details erwähne ich nicht, sonst müsste ich diesen Blog wohl Kennzeichnen und das Häkchen 'Erwachseneninhalte' setzen.

Es liest sich flüssig, schätze in ein paar Tagen bin ich damit durch. Ich würde es nicht als große Weltliteratur bezeichnen, aber Reinaldos Offenheit verdient es gelobt zu werden und seine Fähigkeit zu beschreiben ist ausgeprägt. Schon als Kind hat er viele Geschichten verfasst, berichtet er. In Ermangelung von Anregungen durch die Umwelt (es gab keine Bücher, keine Magazine, keine Theater oder Kinos, Fernsehen sowieso nicht und die Familie teilte sich nur ein primitives Radio mit einem Kopfhörer; einer hörte und erzählte gleichzeitig den Anderen die Nachrichten oder den Radioroman simultan) entwickelte er seine eigenen kreativen Fähigkeiten.

Wenn man bedenkt, welche Chancen die Menschen hierzulande und heutzutage theoretisch haben und welche Mittel und Quellen ihnen zur Verfügung stehen und wie wenig sie daraus machen! Das Angebot an Unterhaltung ist so groß, es fördert keine Kreativität, sondern verführt zum blöden Konsum. Das Überangebot erzeugt überraschender Weise eine Armut, es verödet die eigenen Talente. Wenn Kinder kein Spielzeug besitzen, werden sie sehr kreativ. Ihre Phantasie erblüht. Die Kinder hierzulande gehen in giftigem, quietschbuntem Plastikmüll unter und mit ihnen ihre Kreativität.

War schon lange nicht mehr im Spund, wohl ein Jahr. Damals wurde gerade das Rauchverbot eingeführt und ich freute mich, dass es dort frische Luft gibt. Aber alle Gäste schimpften und sammelten Unterschriften. Heute stand auf jedem Tisch ein Aschenbecher. Und alle Gäste qualmten. Meine Kleidung mieft immer noch. In meiner Nähe saß jemand, der Zigarillos rauchte. Ich packte meine Sachen und suchte mir einen anderen Platz. Aber auch dort zogen ständig Rauchschwaden vorbei. Schade. Wäre das Spund ein Nichtrauchercafé würde ich dort sicher öfter mal sitzen. Der Chef ist wie immer sehr gut gelaunt und sympathisch und ich konnte mal wieder meine paar Brocken Brasileiro anwenden. Mal sehen, wo man tagsüber gemütlich einen Tee trinken und ein Buch lesen kann ohne geräuchert zu werden. Im Gnosa? War ich auch schon lange nicht mehr.

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